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Trave-Troll

Trollogie

Von U.R.R. Trollkuehn

Es gibt Menschen, die behaupten, es gäbe keine Trolle. Das ist Unsinn. Gemeint sind hier übrigens nicht die Leute, die die Kommunikation im Internet fortwährend und auf destruktive Weise dadurch behindern, dass sie Beiträge verfassen, die sich auf die Provokation anderer Gesprächsteilnehmer beschränken und keinen sachbezogenen und konstruktiven Beitrag zur Diskussion darstellen. Nein, wir reden hier von den vermeintlichen Fabelwesen, wie sie in der Regel nur aus Büchern und Filmen bekannt sind.

Im Zuge des Klimawandels sind Trolle seit wenigen Jahren nicht nur in Skandinavien, sondern in ganz Europa anzutreffen. Dabei ist die Artenvielfalt dieser Spezies auffällig. Es kommen humanoide Trolle genauso vor, wie tierähnliche Trolle. Gemeinsam ist ihnen, dass sie kein UV-Licht, also Tageslicht vertragen. Die größeren Exemplare verstecken sich tagsüber in Höhlen und Kellern, die kleineren verbergen sich in Steinen und Baumstümpfen. In der Dämmerung kann man Felsen, Steine und Baumstümpfe gelegentlich summen oder gar singen hören. Das ist ein untrügliches Zeichen für ein Trollversteck.

Trolliose

Gefährlich wird diese nachtaktive Spezies nur dem unbedarften Wanderer an Küsten, Ufern oder in tiefen Wäldern. Die Gräuelgeschichten von menschenfressenden Trollen sind jedoch stark übertrieben. Die tatsächliche Gefahr liegt in einer bakteriellen Infektion, die durch Bisse oder Kratzer eines Trolls hervorgerufen wird, der Trolliose. Der Verlauf der Trolliose beginnt harmlos mit Verspannungen. Im fortgeschrittenen Stadium ist jedoch eine zunehmend sichtbare Verholzung oder Versteinerung des Betroffenen bis hin zur vollständigen Transtrollation festzustellen. Ähnlichkeiten mit bestimmten Berufsgruppen sind empirisch jedoch nicht belegt.

Um der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung entgegenzuwirken versuchen Troll-Hirten die weniger aggressiven Exemplare dieser Spezies zu bannen. Dies geschieht durch Lichtbildnerei, die für diese Wesen eine Art höherer Magie darstellt, da ihre Abbilder auf Zelluloid oder digitale Speichermedien gebannt werden. Auf diese Weise wurden schon etliche Refugien in Mitteleuropa für die Öffentlichkeit wieder gefahrlos zugänglich gemacht. Troll-Hunter indes jagen Trolle während der Dämmerung und bei Nacht mit UV-Stroboskoplampen. Die von den Blitzen getroffenen Trolle versteinern augenblicklich. Die europäischen Forstbehörden haben die entsprechenden Jagdlizenzen jedoch streng limitiert.

Wie man Trolle findet…

Eine Trolljagd ist eigentlich nichts weiter als ein aufmerksames Streifen durch die Natur. Mit selektiver Wahrnehmung, den richtigen Lichtverhältnissen und einem Blick für die notwendige Perspektive sind immer Trolle zu finden. Eigentlich geht es ja nur um das „Punkt, Punkt, Komma, Strich – Schema“ das man in Steinen, Wurzeln und Bäumen wiedererkennen kann. Den Rest macht die Phantasie. Die meisten meiner Trolle wären in der Gesamtansicht anstelle des Bildausschnittes, bei anderen Lichtverhältnissen oder aus einem anderen Blickwinkel nicht zu erkennen.

Anleitung für das Bannen von Trollen

Die verwendete Fotooptik ist grundsätzlich unerheblich. Vom schlichten Fotohandy bis zur professionellen SLR-Kamera ist alles möglich. Bei den Aufnahmen ist zu bedenken, dass dreidimensionale Objekte lediglich zweidimensional wiedergegeben werden. Einige Strukturen werden dadurch betont, andere gehen zuweilen verloren. Entscheidend ist neben der eigentlichen Struktur des Objektes auch der Kontrast durch Intensität und Richtung des Lichteinfalles. Ein in der Dämmerung bei Schlaglicht mit tiefen Schatten versehenes Trollgesicht, wirkt mittags bei Dunst eventuell gar nicht mehr plastisch. Auch die Perspektive und der Bildausschnitt sind entscheidend, ob eine Struktur als Troll wahrgenommen werden kann.

Der psychologische Aspekt ist im Wesentlichen die selektive Wahrnehmung, ein Phänomen, bei dem nur bestimmte Aspekte der Umwelt wahrgenommen und andere ausgeblendet werden. Selektive Wahrnehmung beruht auf der grundlegenden Fähigkeit des menschlichen Gehirns, Muster zu erkennen. Das Gehirn ist ständig auf der Suche nach Strukturen, um neue Informationen in bereits vorhandene eingliedern zu können und sucht meist unbewusst nach einem bereits bekannten Muster. Deshalb können Kleinkinder bereits Gesichter erkennen und Internetnutzer sehen in einer Folge von „Doppelpunkt, Bindestrich und Klammer zu“ ein auf der Seite liegendes, lachendes Gesicht

Siehe auch Pareidolie: https://de.wikipedia.org/wiki/Pareidolie

Gedanken eines Lübecker Philosophen

Faszinierend ist es, an welchen unerwarteten Orten sich die Trolle entdecken lassen, wenn man die Augen offenhält und den Blick schweifen lässt. Doch ich glaube fast, die Trolle, die sich auf diese Weise offenbaren, nur die Spitze des Eisbergs sind. Die wahren, großen Trolle zu sehen, ist uns wohl unmöglich, da sie in uns wohnen. Zumindest ist das der Eindruck, den ich über die Jahre gewonnen habe. Nebenbei bemerkt scheinen diese Trolle auch die gefährlichsten zu sein – denn sie können, da wir uns ihrer Gegenwart nicht bewusst sind, ihren Unfug mit uns treiben und uns zu allerlei Dummheiten verleiten, von denen wir glauben, es wären unsere eigenen Entscheidungen. Aber diese Trolle, selbst wenn man sie auf Fotos bannen könnte, würde keiner sehen wollen … die Menschen ziehen es vor, ihre Existenz zu verdrängen und sich der Illusion hinzugeben, die alleinigen Herren ihres Tuns zu sein. Und wenn ich ganz ehrlich bin, ist auch mir diese Illusion lieber. Wer lässt sich schon gerne von einem fiesen internen Troll an der Nase herumführen?

Wo leben urbanisierte Trolle?

Außer in Sozialen Medien und postsowietischen Hackerfabriken vor allem in kleinen turmartigen Gebäuden, die im Allgemeinen als Stromhäuschen oder Trafohäuschen getarnt sind. Nachdem einige dieser unauffälligen Gebäude nicht mehr für die Verteilung von Elektrizität benötigt werden, sind sie angeblich von Naturschützern oder Kunstschaffenden in Beschlag genommen worden. Aber wer wirklich darin haust, wissen nur wir - die eingeweihten Trollhüter...

  

Trollphäensammlung

Eine Sammlung mit von magischen Fotomaschinen gebannten Trollen
ist auf www.trave-troll.de zu finden.

U.R.R. Trollkuehn